Was die Lamellenschicht mit Klettverschlüssen zu tun hat und welche Konsequenzen wir daraus ziehen.
- Anna - hippomove
- 25. Juni 2021
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 3. Juli 2021
Was passiert bei einem Hufreheschub im Huf?
Das Hufbein steht in einer innigen und festen Verbindung mit der Hufwand über die sogenannte Lamellenschicht. Bei einem Hufreheschub kommen diese zu Schaden und teilen sich.
Stell es dir vor, wie bei einem Klettverschluss, die kleinen Zähne greifen ineinander und sind so sehr stabil. Wenn du nun aber einige Zähne heraustrennst, wird diese Verbindung immer schwächer. Je mehr Zähne fehlen, desto instabiler wird diese Verbindung.
Wenn diese Lamellen geschwächt sind, kann das Hufbein sich in seiner Lage verändern – so kommt es zu einer Rotation oder Senkung.

Im Vergleich hier zu sehen (A) eine gesunde Lamellenverbindung, die fest miteiander verankert und stabil ist und (B) eine durch einen Hufreheschub verstörte und instabile.
Du kannst dir also vorstellen, wie instabil ein Huf bei einem Hufreheschub werden kann. Deshalb ist es so wichtig, sobald ein akuter Schub vorliegt, das Pferd in seiner Bewegung einzuschränken, auf weichen Boden zu stellen (gern auf Späne mit einer Einstreuhöhe von 30-40 cm, damit das Pferd sich die Hufe so einbuddeln kann, wie es ihm bequem ist) und nicht noch extra unter Zwang zu bewegen.
Die Lamellenschicht erneuert sich erst, wenn neues Horn von oben vom Kronrand herunter wächst. Das ist das Gefährliche. Sobald der akute Hufreheschub vorüber ist, hat das Pferd keine Schmerzen mehr und weiß natürlich nicht, dass die Hufe durch die zerstörten Lamellen noch nicht wieder stabil sind. Es will dann natürlich wieder laufen. Da sind wir als Besitzer gefragt, das Pferd so lang ruhig zu halten, bis der Huf in Ruhe und korrekt von oben nachwachsen konnte. Je nach Situation und Schäden im Huf kann es bis zu einem Jahr dauern. Bitte sprecht das immer mit eurem Fach-Team vor Ort ab und bezieht aktuelle Röntgenbilder mit ein! Während Pferde mit minimalen Schäden in den Hufen eventuell nach kurzer Zeit wieder im Schritt gemütlich spazieren gehen dürfen, dauert es bei schwerwiegenden Hufreheschüben Monate, bis das Pferd sich wieder etwas frei bewegen darf.

Hier siehst du links eine gesunde und stabile Lamellen. Rechts wurden sie durch einen Hufreheschub zerstört.
Und wie ist das nun mit der Bewegung?
Die Sache mit dem Übergewicht:
Oft lese ich, dass Pferde so schnell wie möglich wieder bewegt werden müssen, da sie Übergewicht haben. Jedoch wird das Risiko, dass der Hufreheschub erneut aufflammt, oft unterschätzt. Das sind dann die Pferde, die immer wieder kleine Schübe hintereinander haben. Die Lamellenschicht, die durch den ersten akuten Schub geschädigt wurde, reißt dann weiter und sorgt so immer wieder für neue kleine Entzündungen. Deshalb: Immer mit der Ruhe. Ja, das Übergewicht ist schädlich und ebenfalls ein Trigger für einen Hufreheschub, jedoch wird man wirklich versuchen müssen, das Gewicht durch eine angepasste Diätration zu verringern. Das heißt keinesfalls, dass das Pferd nun innerhalb kürzester Zeit abgehungert werden sollte. Laut Conny Röhm sollte ein Pferd maximal 1,5% von seiner gesamten Körpermasse in der Woche reduzieren. Und das ist schon wirklich viel, wenn man sich das mal in Kilogramm umrechnet. Außerdem belastet zu schnelles Abnehmen die Leber und Niere, die durch den Hufreheschub eh schon sehr belastet sind. Also: setzt euch ein realistisches Ziel mit dem Übergewicht und seht von einer Hungerration ab. Wartet auf das „Go“ von eurem Fach-Team vor Ort, dass ihr mit der Bewegung langsam starten dürft und das Wichtigste: achtet auf das Befinden eures Pferdes!
Und wenn das Pferd übermütig wird?
Und dann gibt’s da diese Pferde, bei denen scheint es so, dass sobald die akute Entzündung in den Hufen abgeklungen ist, auch die Schmerzen vergessen sind. Die fangen dann an wortwörtlich im Dreieck zu springen. Besitzer von diesen Pferden müssen kreativ werden. Es gibt Pferde, die lassen sich mit Ästen mit Blättern zeitweise neben den Heuportionen beschäftigen und entspannen. Anderen hilft es, wenn man ihnen Tricks wie Kopf schütteln und nicken, also „Ja“ und „Nein“ sagen, bei bringt, Hütchen umkippen und aufstellen oder andere Übungen, die die Hufe nicht mehr als nötig belasten. Belohnt werden können die Pferde zum Beispiel mit Heusticks. Auch die Bodenarbeit wie Führtraining kann sehr gut in solchen Zeiten optimiert werden. An sich sollte versucht werden, lieber ruhige und stetige Bewegung anzustreben als wilde Bocksprünge. Es kann helfen, den Paddock nach und nach langsam zu vergrößern und gezielte Bewegung vom Trog zum Heu anzubieten. Auch ein integrieren zurück in die ruhige bestehende Herde kann helfen oder einen Freund zeitweise zum Hufrehepferd zu stellen. Oft leiden die Sozialkontakte durch das Separieren des erkrankten Pferdes.
Welche Maßnahmen man versucht, sollte in jedem Fall immer individuell vom Pferd abhängig gemacht werden und mit dem Fach-Team vor Ort abgesprochen werden.
Bilder sind aus dem Buch „The Essential Hoof Book“ von Susan Kauffmann und Christina Cline.
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